Kommunikation – Pflicht und/oder Kür?!

Interview mit Nicola Peters, Kommunikationstrainerin und Coachin

Kommunikation ist das A und O – und das in allen Lebens- und Arbeitsbereichen. Wo es an ihr fehlt, kommt es schnell zu Missverständnissen und Konflikten, Fehlentscheidungen und misslichen Situationen. Im beruflichen Kontext kann Kommunikationskompetenz deshalb schnell zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden. Nur wer mit Kunden, Partnern, Mitarbeitern und Kollegen erfolgreich kommuniziert, kann das eigene Unternehmen, die eigenen Ziele voranbringen.

Aber was genau macht eine „gute“ Kommunikation aus? Hierzu haben wir mit der Kommunikationstrainerin und Coachin Nicola Peters gesprochen, die uns schon bei verschiedenen unserer Kundenprojekte – insbesondere im Bereich der Krisenkommunikation – unterstützt hat.

Nicola, deine Schwerpunkte sind „Auftritt & Interview“ und „Kommunikation für Führende“. Warum ist es so wichtig, in diesen Bereichen einen guten Job zu machen? Und woran hapert es deiner Erfahrung nach am häufigsten?

Führende sollten wichtige Auftritte und Gespräche nicht dem Zufall überlassen. Sondern sie brauchen: Ein Ziel. Einen Fahrplan – also quasi eine Regie. Und Empathie. Denn Führende sind auch Botschafter*innen, für die eigenen Ziele, für ihre Organisation, manchmal sogar für eine ganze Branche. Sie sind Botschafter*innen – unabhängig davon, ob ihnen diese Rolle bewusst ist oder nicht. Das betrifft die Kommunikation nach außen, z.B. mit Kunden, bei Netzwerk-Treffen oder wenn sie in den Medien auftreten. Und das betrifft auch den internen Auftritt: Gespräche mit Mitarbeitenden, Kolleg*innen und Vorgesetzten.

Es macht einen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt, an welchem Platz, in welcher Kleidung, in welcher Verfassung und Körperhaltung, in welcher Stimmlage wir zu welchem Gegenüber sprechen. Je schwieriger das Thema, umso eher heißt es: Der erste Wurf muss ein Treffer sein! Einen schwachen Wortbeitrag in einem wichtigen Meeting, eine verpatzte Kommunikation mit dem Team, einen verpatzten Auftritt vor der ganzen Belegschaft im Nachhinein zu einem Glanzstück zu machen funktioniert nicht.

Umgekehrt gelingt es einer Führungskraft mit Auftritts- und Kommunikationskompetenz viel eher, Botschafter*in für ihr Projekt oder ihre Ziele zu sein und Begeisterung und Loyalität bei anderen auszulösen. Ob jemand mit Energie und Engagement spricht oder 20 Folien vorliest, ob jemand sich Gedanken gemacht hat, mit welchem Duktus, mit welchen Inhalten er oder sie bestimmte Stakeholder erreicht oder eine one-fits-for-all Ansprache hält – all das kann das Zünglein an der Waage sein für Erfolg oder Misserfolg. Denn es kommt nicht nur darauf an, was wir sagen, sondern auch wie wir es sagen.

Deshalb, meine Damen und Herren mit Führungsverantwortung: keine falsch verstandene 100%-Authentizität um jeden Preis! Keine zu ausgeprägte „reden-kann-ich“-Hemdsärmeligkeit bei wichtigen Themen! Stattdessen mehr Bewusstsein über die eigene Wirkung und mehr Vorbereitung.

Mein Tipp für Sie: Bei vielen Themen kann der folgende Vierklang für die zielgruppengerechte Kommunikation in der Vorbereitung helfen:

  1. Worum genau geht es mir? Nicht um den heißen Brei herumreden!
  2. Warum will ich das? Was hat dazu geführt? – Also der Blick zurück, die Einordung, der Auslöser. Vielleicht auch die Antwort auf die Frage, was passiert, wenn wir das nicht machen, was ich vorhabe oder wofür ich Mitstreiter*innen suche?
  3. Wofür will ich das? Also der Purpose und der Nutzen. Vor allem der Nutzen, den mein Gegenüber davon hat. Das ist der Blick nach vorne.
  4. Wie will ich das umsetzen? Was bedeutet das für mein Gegenüber? Wen brauchen wir, was entscheide ich, was die anderen, wo gibt es Unterstützung, etc.?

Und: üben übt.

Ein Schwerpunkt deiner Arbeit sind Medien- und Krisenkommunikationstrainings. Warum muss deiner Meinung nach der Umgang mit Medienvertretern gesondert betrachtet und besonders trainiert werden? Was gibt es für spezifische Fallstricke? Und wo liegen auf der anderen Seite die Chancen?

Ein Interview ist kein Gespräch. Für Interviews gelten andere Regeln. Menschen, die darin nicht geübt sind – und viele Führungspersönlichkeiten, auch auf C-Level-Ebene, sind es nicht – gehen in einem Interview zu sehr in einen Gesprächsmodus. Ist ja auch verständlich: Sie stehen einer Medienschaffenden gegenüber, oder haben sie oder ihn am Telefon. Das fühlt sich an wie ein Gespräch. Doch es ist wichtig, sich konstant klarzumachen: Zu wem spreche ich hier? Und das ist nicht die Journalistin oder der Reporter – sondern es sind die Stakeholder, die Sie durch sie erreichen. Deswegen: konzentrieren Sie sich auf das, was Sie der eigenen Zielgruppe erklären oder mitteilen möchten, also auf das Senden. Und treten Sie nicht so sehr in einen Dialog, wie in einem Gespräch. Dazu kommt noch, dass Sie die Satzanfänge so sprechen sollten, dass der Satz für sich alleine stehen kann. In Gesprächen hingegen gehen wir oft erst mit einer kurzen Bemerkung auf das vorher Gesagte ein („Das mag ja sein,…“) und hängen dann unsere eigentliche Botschaft dran.

Was ebenfalls wichtig ist, ist Mut zur Unvollständigkeit. Und das fällt vielen Menschen sehr schwer – vor allem den akademisch geprägten. Das eigene Thema in 30 Sekunden rüberzubringen, ist viel schwieriger als in fünf Minuten. Wer sich auf ein Interview vorbereitet, sollte sich deshalb im Vorfeld die Frage stellen, was kann ich bei meinem Thema weglassen, damit die Essenz stehen bleibt? Denn wenn Sie neben Ihren zentralen Botschaften in einem Interview viel drumherum erzählen, entscheidet am Ende die Redaktion, was weggelassen wird. Und dann kann es sein, dass die Essenz, die übrig bleibt, eine andere ist als die, die Sie wichtig finden.

Tipp für alle Vorstände, Unternehmenssprecher und Experten in Interviews: immer dann, wenn eine Kamera mitläuft oder Fotos gemacht werden, sollten Sie sich darüber bewusst sein, dass alles, was außer Ihnen selbst zu sehen ist, ebenfalls mitkommuniziert. Hängt eine Lampe wie ein Heiligenschein über Ihrem Kopf? – Ungünstig! Ist im Hintergrund ein vollgestopftes Bücherregal zu sehen? Das wirkt nicht belesen, sondern in den meisten Fällen unaufgeräumt.

Insgesamt ist für Interviews ein guter Mix aus Vorbereitung, passendem Setting und Natürlichkeit wichtig. Im Vorfeld wissen, was ich sagen will: ja. Ablesen oder auswendig lernen: nein.

Ein weiterer Sonderfall ist sicherlich das Thema Krisenkommunikation. Was gilt es hier zu beachten? Und wie verhindere ich deines Erachtens am besten, dass eine schlechte Krisenkommunikation womöglich eine (zusätzliche) Kommunikationskrise entfacht?

Krisenereignisse lösen ein Gefühl der Empörung aus. Und eine Organisation sollte alles dafür tun, um nicht auch noch durch ihren Umgang mit dem Krisenereignis – also durch das Krisenmanagement und durch die Kommunikation in der Krise und über die Krise – für weitere Empörung sorgen. Ein Beispiel sind die Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen, die zu Recht für große Empörung gesorgt haben. Dass Täter zum Teil von der Institution gedeckt worden sind, hat weitere Empörung ausgelöst. Und dass auch heute noch nicht überall Transparenz und eine echte Bereitschaft zur Aufklärung sichtbar ist, nochmal mehr. Somit dreht sich nur ein Teil des Diskurses und der Berichterstattung überhaupt um die Missbrauchsfälle. Der andere Teil dreht sich um den Umgang mit ihnen und um die Kommunikation, die als nicht angemessen empfunden wird.

Krisenkommunikation ist nicht dazu da, etwas schönzureden. Krisenkommunikation dient zum einen dazu, Schaden abzuwenden oder zu begrenzen („Es tritt giftiger Rauch aus, halten Sie die Fenster geschlossen“). Und zum anderen, um Vertrauen zu erhalten oder wiederherzustellen. Und das geht nur, wenn Krisenkommunikation als wichtiger Bestandteil des Krisenmanagements begriffen wird. Hier gilt es, Spekulationen vorzubeugen, sich transparent zu zeigen und die Deutungshoheit zu behalten. Das funktioniert nur, wenn man zeitnah und transparent korrekte Fakten liefert, Empathie hat und zeigt – und einen Plan, wie die Krise zu managen ist. Und dafür brauchen Sie jemanden, der oder die vertrauenswürdig und überzeugend auftritt. Dem oder der man sowohl die Empathie, das Mitgefühl oder das Bedauern abnimmt als auch zutraut, jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Der oder die in der Lage ist, mit den vielen verschiedenen Fragen von Mitarbeitenden, von Anwohnern, von Journalisten, souverän umzugehen.

Und diesen Auftritt, diese Rollenklarheit und den Umgang mit den Fragen unterschiedlicher Stakeholder unter Stress, sollten und können Vorstände, Sprecher*innen und Mitglieder des Krisenstabes VOR DER KRISE üben. In einem professionellen Krisenkommunikationstraining mit Kamera-Analyse, so wie wir das schon oft für eure Kunden durchgeführt haben. Damit das Unternehmen in der Krise gut aufgestellt ist, die Deutungshoheit behält und mit einer gelungenen Krisenkommunikation durch die Krise steuert.

Vielen Dank für das Interview!

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