Simone Naumann im Interview über hochwertige Bildkommunikation
Eine qualitativ hochwertige und professionelle (Bewegt-)Bildkommunikation wird im Zuge digitalisierter Kommunikation und steigender Bedeutung von Social-Media-Kanälen immer wichtiger.
Im B2B-Segement ist die Herausforderung, sich hier mit überschaubaren Mitteln professionell aufzustellen, oft noch größer. Simone Naumann betreibt seit 2017 die SMARTphotoschule, um Smartphone-Fotografie auch Unternehmer:innen zugänglicher zu machen.
In Workshops zeigt Simone, dass auch mit dem Smartphone sehr gute und professionelle Ergebnisse erzielt werden können. Sie ist selbst etablierte Münchner Unternehmensfotografin und Autorin mehrerer Sachbücher zu den Themen visuelles Storytelling, Produkt- und Smartphone-Fotografie.
Im Interview mit VOCATO spricht Simone Naumann über die Bedeutung des visuellen Storytellings für Unternehmen im Allgemeinen, und für B2B-Unternehmen im Speziellen.
- Warum wird das visuelle Storytelling für Unternehmen immer wichtiger?
Visuelles Storytelling, mit Bildern Geschichten erzählen, bedeutet Bilder zielgerichtet und einprägsam zu gestalten. Das ist wichtig für ein einzelnes Bild bis hin zur kompletten Bildsprache und führt zu einem einheitlichen, strukturierten visuellen Auftreten.
Die Zeiten sind vorbei, dass schön gestaltete und farbige Instagram-Filter ausreichten, um Aufmerksamkeit zu erwecken. Auch einfach perfekte Bilder bei Bildagenturen einzukaufen, kann nicht die tragende Lösung sein. Hier kommt noch dazu, dass sehr ansprechende Bilder von vielen Unternehmen gleichzeitig benutzt werden. Also keine Spur von authentischer Bildsprache mit Wiedererkennungswert.
Die Anzahl der täglich präsentierten Fotos und Videos ist so groß, dass Unternehmen nur mit einer eigenen Bildsprache punkten können. Dazu kommt, dass unsere Aufmerksamkeitsspanne in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken ist. Gleichzeitig aber ist die Geschwindigkeit, mit der wir Bilder und Videos erfassen, deutlich gestiegen. Wer hier gesehen und wiedererkannt werden will, muss mit einer konkreten, auf sich zugeschnittenen Bildsprache punkten. Bilder kommunizieren schneller, vermitteln konkrete Botschaften, die ohne Sprachbarrieren verstanden werden, und sprechen dabei all unsere Sinnesorange gleichzeitig an.
- Welche speziellen Herausforderungen siehst du für das B2B-Segment, wo es doch oft schwieriger ist, attraktives Bildmaterial zu generieren?
Die Herausforderung ist gar nicht so groß. Es ist eher eine Fleißarbeit, die einmal gemacht werden muss. Unternehmen lernen quasi eine neue Sprache, eine Sprache, die zu ihnen passt und die nicht einfach so mal kopiert werden kann. Ist eine Marke aufgebaut, stimmt das CI, die Botschaft, steht das Konzept der Website, kommt zum Schluss die Erarbeitung der eigenen Bildsprache, um das Paket rund zu machen. In der SMARTphotoschule machen wir das für Einzelunternehmer mit Workshops in kleinen Gruppen mit bis zu 6 Teilnehmern. In Einzelcoachings oder als Inhousetraining arbeiten wir gemeinsam ganz konkret an einer Unternehmensbildsprache.
Größeren Unternehmen, die bereits ein erarbeitetes Bildkonzept haben, bieten wir Mitarbeiterworkshops an, um Mitarbeiter:innen zu trainieren, genau diese Bildsprache mit dem Smartphone selbst umzusetzen.
Damit oft werden unsere Trainings kombiniert mit dem Erlernen von Fotografie und Videodreh mit dem Smartphone.
- Das Smartphone bietet weniger technische Möglichkeiten als beispielsweise eine Spiegelreflexkamera. Ist das Smartphone nicht dann doch zu limitiert?
Eine Spiegelreflexkamera liefert eine sehr hohe Auflösung und Bildqualität. Das machen Smartphones inzwischen auch. Der Unterschied zwischen den Gerätesystemen hat sich deutlich verringert. Bei älteren Smartphone-Modellen musste man etwas kreativer sein, oder zusätzliche Apps nutzen, um zu ähnlichen Ergebnissen zu kommen.
Das genau machte für mich den Reiz aus, mit der Smartphone Fotografie zu beginnen.
Die neusten Modelle stehen den größeren Kameras in fast nichts mehr nach. Moderne Software, die ständige weiterentwickelt wird, ersetzt zum Beispiel schon Objektive mit unterschiedlichen Brennweiten und Blendenöffnungen.

- Kannst du in groben Zügen schildern, wie man eine Bildsprache entwickeln kann? Auf was kommt es an?
Es geht darum, eine neue Sprache zu lernen. Das kostet ein wenig Zeit, es ist ein Prozess wie bei jeder anderen Sprache auch. Die Bildsprache setzt sich im Grunde genommen zusammen aus den Unternehmensthemen (die Positionierung) und den fotografischen Gestaltungsmitteln. Das funktioniert nur in dieser Kombination. Wackelt die Positionierung noch, wird man sie auch nicht gut genug visualisieren können.
In unseren Workshops arbeiten wir mit schon vorhanden Bildern, die intuitiv gesucht und den relevanten Inhalten zugeordnet werden. Das sind dann die großen AHA-Momente.
Meine Teilnehmer:innen oder das Unternehmen sehen hier ganz konkret, wo sie stehen. Können alle Themen gut visualisiert werden, machen wir den nächsten Schritt und arbeiten an der Grammatik. Wir suchen gemeinsam die passenden fotografischen Gestaltungsmittel und erstellen daraus ein komplettes Bildkonzept. Passt die Visualisierung nicht, geht es noch mal zurück in die Positionierung. Manchmal gehen wir diesen Weg auch gemeinsam in kleinen Schritten. Wir visualisieren die Inhalte, um zu wissen, wo der Kunde gerade steht, welche Inhalte er noch vertiefen sollte. Egal wie, es ist ein sehr spanender und kreativer Prozess in dem sich die Unternehmer:innen dem eigenen Business nochmal von einer anderen Seite nähern.
- Auf welchen Kanälen verbreiten Deine Kunden ihre Bildsprache? Ist es nicht ein Unterscheid, ob ich auf Instagram oder LinkedIn unterwegs bin?
Im Idealfall beginnt die einheitliche Bildsprache bei der Website, und zieht sich durch die entsprechenden Social-Media-Kanäle durch bis hin zu Printmedien oder Präsentationen. Instagram zum Beispiel entwickelt sich gerade zu einem zweiten Pinterest. Die Zeit der einfachen Schnappschüsse ist schon wieder vorbei. Gezielt gestaltete Bilder und Videos, Grafiken, ein perfekter Feed bekommen immer mehr Bedeutung. Für B2B ist es quasi eine visuelle Visitenkarte. Der Kernsatz ist: „Die Gestaltung deiner Bildsprache sagt viel über die Qualität deines Business aus.“ Das ist für LinkedIn besonders wichtig. Bilder und Texte stehen hier im Einklang und sollten sich gegenseitig perfekt ergänzen.
- Welche Ausstattung braucht man für Smartphone-Fotografie?
Gar nicht so viel, das ist ja das Wunderbare. Wir haben unsere Ausrüstung ja schon immer bei uns.
Mein erster Tipp, total banal und gleichzeitig ebenso wichtig: ein Brillenputztuch. „Erst Linse putzen“ – mit diesem Statement beginnen immer unsere Workshops in der SMARTphotoschule. Schmutzige Linsen geben den Bildern einen grässlichen Look und der Autofokus hat besonders bei schlechten Lichtverhältnissen keine Chance, irgendwo scharf zu stellen. Mein zweiter Tipp: ein Selfie-Stick. Viele schämen sich, mit so einem Teil auf die Straße zu gehen. Aber spätesten nach unseren Workshops schaffen sich alle Teilnehmer einen Selfiestick an. Er ist so universell einsetzbar. Zum Beispiel als verlängerter Arm, wenn das Motiv weiter weg ist und ideal für Aufnahmen aus spannenden Perspektiven, zum Beispiel der Vogel- oder Froschperspektive. Das Unglück des Selfie-Sticks ist seine Bezeichnung. Eigentlich ist er die perfekte Kombi von Einbeinstativ, Armverlängerung und Perspektivenwechsler.
- Gibt es aus Deiner Sicht neue Trends oder Herausforderungen, die Firmen bei Ihrem Bildsprachen-Konzept berücksichtigen sollten?
Bildformate, Hoch-, Quer- oder Quadratformat sind ein wichtiges Element für die Bildaussage. Viele Social Media Tools geben die Formate vor. Pinterest funktioniert am besten im Hochformat, während für Instagram immer noch gern Quadratformat genutzt wird, damit die Präsentation im Feed einheitlich ist. Auch als Profifotografin empfinde ich das als eine echte Herausforderung.
Bewegung oder Emotionen im Bild brauchen einfach ein platzgebendes Querformat, damit die gewünschte Story auch gut rüberkommt. Dieses Format entspricht auch unserer Sehgewohnheit (von links nach rechts). Quadratformat hat eine ruhigere Bildaussage. Alle Seiten des Bildes sind gleich lang, das Motiv ruht quasi in der Mitte des Bildes. Dies Format wird unter anderen gern für die Darstellung von Produkten benutzt.
Und jetzt bekommt immer mehr das Hochformat eine neue Bedeutung, schiebt sich quasi überall, wo Storys oder Videos präsentiert werden, in den Vordergrund. Das ist ein wichtiger Trend, um den wir nicht herumkommen. Der größte Teil unserer Kunden, unserer User, die wir erreichen wollen, nutzen Mobilgeräte, um Inhalte aufzurufen. Darauf muss man sich einstellen und mit dem entsprechenden Format spielen, was übrigens auch sehr spannend sein kann. Ich habe mir angewöhnt, für Fotografie und Video immer in den zwei Formaten zu denken. Hochformat und Querformat. Oft produzieren wir visuellen Content gleich in beiden Formaten. Es ist also wichtiger geworden, den Entwicklungen der Technik zu folgen und den Ansprüchen der User gerecht zu werden.
Beobachten sollte man auch Bildstile, Farben, Filter –Trends, die sich mitunter jährlich ändern. Aber an erster Stelle stehen der eigene Stil und Inhalt, das Charakteristische des Unternehmens. Wer seine Unternehmensbildsprache ganz bewusst authentisch entwickelt, wird mit Sicherheit einige dieser Stil-Trends überleben. Damit ist gemeint, Trends beobachten, aber mit der Bildsprache bei sich bleiben.
2 Gedanken zu “Die Bedeutung des visuellen Storytellings für (B2B-)Unternehmen”