Was nützt Social Media?
Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen, die noch nie Berührungspunkte mit Social Media hatten, ist der Eintritt in die für sie oft undurchsichtige Welt des Social Web schwer. Ihnen ist der Nutzen nicht klar, und sie haben Angst vor einem Shitstorm, dem sie nicht standhalten können. Meist unterstützen Firmen mit Social Media-Aktivitäten Vertrieb, Marketing und PR, das Kundenbeziehungsmanagement oder die Mitarbeitergewinnung. Durch eine professionelle Präsenz auf den für das Unternehmen geeigneten Kanälen erlangen sie eine stärkere Sichtbarkeit, positivere Markenbekanntheit und gewinnen mittel- bis langfristig neue Kunden.
Oft scheitert es aber an der fehlenden Strategie. Es fehlen Antworten auf Fragen wie: Was sind die Erwartungen des Unternehmens an Social Media? Wen will und kann ich überhaupt damit ansprechen, und mit welchen Botschaften kann ich ihn erreichen? Haben wir ausreichend personelle und fachliche Ressourcen, um das Social Web professionell zu bedienen? Nur wer klar strategisch plant und Antworten auf diese Fragen hat, hat Erfolg und entscheidet sich für die richtigen Plattformen. Davon gibt es reichlich: Facebook, Twitter, LinkedIn, Xing, Pinterest, Instagram, Snapchat u.v.m.
Wer kurzfristiges Neugeschäft erwartet, wird oft enttäuscht. Aktivitäten in sozialen Medien wirken langsam und brauchen einen langen Atem – ähnlich wie bei der PR zeigen sich Erfolge erst nach einigen Monaten. Voraussetzung ist eine kontinuierliche und Content-starke Pflege der Kanäle, die mit gezielten Werbeaktionen unterfüttert wird.
Absicherung mit Social Media Guidelines
Mit dem Eintritt ins Social Web beginnt auch ein öffentlicher Dialog, den es bislang so nicht gab. Die gesteuerte und kontrollierte Kommunikation tritt in den Hintergrund. Alle Nutzer sind miteinander verbunden, jeder ist gleichzeitig Sender und Empfänger. Dabei hat jeder Nutzer die Möglichkeit, offen auf Botschaften zu reagieren. An dieser Stelle müssen sich Unternehmen kritisch die Frage stellen, ob sie das wollen und ob sie bereit dafür sind. Je nach Geschäftsinhalt und Bekanntheit des Unternehmens ist die Angst vor einem #Shitstorm berechtigt. Aber, wer sich richtig aufstellt, kann sich absichern – zum Beispiel mit der Einführung von Social Media Guidelines. Als Zusammenfassung von Regeln und Prozessen zum bewussten und verantwortungsvollen Verhalten im Social Web leiten sie Mitarbeiter an und sind, vorausgesetzt sie sind Bestandteil des Arbeitsvertrags, verpflichtend einzuhalten.
Krisenkommunikation: Wenn es mal hart auf hart kommt
Nicht jeder negative Kommentar auf der Facebook-Seite eines Unternehmens endet gleich in einem Shitstorm. Kommt es aber nun doch dazu – zum Beispiel im Falle eines Skandals, Unfalls oder Mängeln an einem Produkt – gilt es schnell und professionell zu reagieren. Entscheiden bei Printmedien noch Journalisten darüber, welche Krise berichtenswert ist oder nicht, sind Unternehmen heute durch die sozialen Medien zügig scharfer Kritik ausgesetzt – denn jeder darf „mitmischen“. Je unprofessioneller dabei ein Unternehmen auf kritische Kommentare reagiert, desto schneller eskaliert die Situation. Ein bekanntes Beispiel dafür stammt aus dem Jahr 2010. Greenpeace produzierte ein Video, um auf die indirekte Zerstörung von Regelwaldflächen durch die Firma Nestlé hinzuweisen (Gewinn der Zutat Palmöl). Nestlé ließ es wegen Urheberrechtsverletzungen offline nehmen und erntete eine Flut negativer Kommentare. Durch die Löschung des Videos wurde das Interesse noch mehr geweckt (Streisand-Effekt). Zudem hat sich, so Social Media-Expertin Vivian Pein in ihrem sehr lesenswerten Buch Social Media Manager, der David- und-Goliath-Effekt eingestellt, bei dem sich die Masse mit dem vermeintlich Schwächeren solidarisiert. Eine Social Media-Analyse zum Nestlé Shitstorm findet sich hier https://thomaspleil.de/2010/04/15/greenpeace-nestle-pr-lehrbuch/.
Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte folgende Regeln für erfolgreiche Krisenkommunikation beachten:
- Betreiben Sie sorgfältiges Social Media Monitoring, damit Ihnen nichts entgeht.
- Reagieren Sie schnell und adäquat. Damit steigt die Chance, dass Sie dem Shitstorm noch die Luft rausnehmen.
- Bleiben Sie am Ball und interagieren Sie engmaschig.
- Hören Sie zu. Zeigen Sie Verständnis für Ärger und Unzufriedenheit eines Fans/Followers.
- Fakten, Fakten, Fakten: Schreiben Sie nur das, was wirklich belegbar ist.
- Vermeiden Sie Beschuldigungen und Konfrontationen. Machen Sie sich nicht lustig über jemanden.
- Bieten Sie individuelle Lösungen an, zum Beispiel Rückruf, Kontakt zum Unternehmensmitarbeiter etc.
- Seien Sie klar und verständlich in Ihrer Kommunikation.
Die Krise als Chance nehmen
Eine Krise kann dabei auch immer eine Chance sein. So war es bei der ING-DIBA im Jahr 2011. Damals schenkte eine Metzgerin in einem TV-Spot Basketballer Dirk Nowitzki eine extra Scheibe Wurst. Es folgte ein Aufschrei unter den Vegetariern und dann auch unter den Veganern; beide Lager bekämpften sich schließlich aufs Schärfste. ING-DIBA- Mitarbeiter Oliver Schellpeper schreibt im Bank Blog zur Kommunikationsstrategie der Bank: „Unser erster Schritt lag zunächst darin, die Motivationslage und Ziele der Beschwerdeführer zu analysieren. Hiervon wurde dann sehr schnell die Entscheidung abgeleitet, sämtliche Kritik in vollem Umfang zuzulassen und keine der eingehenden Kommentare zu zensieren. Den Verantwortlichen war es wichtig auch in der Krise die zentralen Markenwerte der ING-DiBa (Offenheit, Transparenz und Fairness) zu leben. Ganz bewusst haben wir auch davon abgesehen, als ING-DiBa selbst in die Diskussion einzusteigen, da dies den Vorfall nur künstlich intensiviert und verlängert hätte.“ Damit hat die ING-DIBA sehr gut und professionell reagiert.
Wer übrigens mal sehen will, wie Social Media Engagement gar nicht geht, kann mal auf den Facebook Account der Targo Bank schauen https://www.facebook.com/targobank/?fref=ts. Dort findet sich vieles von dem, wie man es überhaupt nicht tun sollte.
Was lernen wir daraus?
KMU, die ins Social Web einsteigen, sollten nicht ohne Strategie agieren. Denn Social Media verändert die Kommunikation zwischen Unternehmen und den Menschen. Der Social Media Konsument rückt mit seinen Ansprüchen in den Mittelpunkt und gewinnt eine Macht, die er bislang nicht hatte. Mit einer klaren strategischen Zielsetzung, einem guten Content, professionellem Community Management und klaren Regeln (Social Media Guidelines) birgt Social Media für die meisten Unternehmen vielfältige Chancen. Und vergessen Sie nicht: Social Media ist keine Modeerscheinung, die wieder verschwindet. Bleiben Sie am Ball und packen Sie es an. Mit einer guten Vorbereitung können Sie nur gewinnen.
4 Gedanken zu “Social Media: Die Angst vor dem #Shitstorm”